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Praxis

Deutschland wieder Fußballweltmeister

Bremer Roboter-Team gewinnt RoboCup 2019 in Sydney

von Hartmut Rehmsen


Der RoboCup 2019, die diesjährige Fußballweltmeisterschaft für Roboter, endete am 7. Juli in Sydney mit einigen Erfolgen für deutsche Teams. So gewann z. B. das Team B-Human den Titel in der „Standard Platform“-League. Das Ziel des Cups ist die Verbesserung der Technik: 2050 sollen die Roboter gegen den Fußballweltmeister der Männer gewinnen. Davon ist man heute aber noch weit entfernt.

Der RoboCup – kurz für „Robot Soccer World Cup“ – findet alljährlich statt, um die Fortschritte bei der Technik zu demonstrieren und den Wettbewerbsgeist der Forscher zu kitzeln. Für mehr Chancengleichheit der Teams sorgt deren Aufteilung auf unterschiedliche Klassen und zehn Wettbewerbe.

In der „Standard Platform“-League konnte der nunmehr siebenmalige Weltmeister B-Human den Titel zurückerobern, machte es aber äußerst spannend: Erst zweieinhalb Minuten vor dem Schlusspfiff konnten die Bremer gegen den amtierenden Weltmeister, das Nao-Team HTWK aus Leipzig, zum 1:1 ausgleichen, legten dann aber eine Minute später mit einem weiteren Treffer nach, sodass es keine Verlängerung gab.

Beim RoboCup treffen sich Teams aus Schülern, Studenten und Dozenten, um ihre Neuentwicklungen zu testen, aber auch um ihre Erfahrungen und ihr Wissen miteinander auszutauschen. In diesem Jahr ging die Reise einmal rund um den Erdball ins australische Sydney.

An vier Tagen traten die unterschiedlichsten Arten von Robotern in diesmal sechs Disziplinen und in 18 Ligen gegeneinander an. Nicht nur im Fußball, sondern z. B. auch in Pflege/Service oder Logistik. Allein im Bereich des beliebten Ballsportes sind verschiedene Robotertypen in zehn Ligen anzutreffen – in den Klassen Humanoid, Standard-Platform, mittlere und kleine Größe sowie Simulation.

In der „Standard Platform“-League spielen alle Mannschaften mit jeweils fünf Nao-Robotern gegeneinander; das sind humanoide Roboter des französischen Herstellers Aldebaran Robotics, die 2006 erstmals auf den Markt kamen. Im Finale der Liga konnte das Team B-Human der Universität Bremen und des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) wieder einmal zeigen, dass sie zu den Besten gehören.

Showdown im Finale

Bereits zum vierten Mal stand das Team B-Human gemeinsam mit den amtierenden Leipziger Weltmeistern im Finale des internationalen RoboCups. Während die Bremer souverän ohne Gegentore durch die Vorrunde und die Halb- und Viertelfinale schritten, lagen sie nach der ersten Halbzeit im Finale mit 0:1 zurück. In einer spannenden zweiten Halbzeit zogen die kleinen Bremer Roboter nach und erkämpften sich den Weltmeistertitel mit einem 2:1.

Nach einer überragenden Vorrunde mit hohen Siegen, keinen Gegentoren sowie ebenso souveränen Viertel- und Halbfinalspielen konnte sich B-Human im Finale der RoboCup-Weltmeisterschaft gegen die Leipziger Fußballroboter durchsetzen. Bereits zum vierten Mal standen sich die zwei deutschen Teams im Finale gegenüber, 2018 gelang es dem Nao-Team HTWK erstmals, B-Human zu schlagen – ein spannendes Finale war somit vorprogrammiert.

So konnte das Leipziger Team in der ersten Halbzeit zunächst mit einem kurzen Schuss quer durch die Bremer Verteidigung in Führung gehen. Nach mehreren verpassten Chancen gelang es B-Human fünf Minuten vor dem Schlusspfiff, den ersehnten Ausgleichstreffer zu erzielen. Vorangegangen war ein Foul der Leipziger in der Bremer Hälfte. Den darauf folgenden Freistoß spielte B-Human tief in die gegnerische Hälfte, genau vor die Füße des dort wartenden Stürmers, der den Ball direkt im Tor platzieren konnte. Weniger als eine Minute später folgte einer von B-Humans gefürchteten Fernschüssen, der schließlich das Siegtor zum 2:1 brachte.

Spitze dank Deep Learning

Zu den besonderen Herausforderungen in Sydney gehörte das Spielen neben großen Fenstern mit sich änderndem Lichteinfall, der sowohl helle Flächen als auch dunkle Schatten auf dem Spielfeld hervorrufen kann. Diesen für maschinelle Bildverarbeitung äußerst schwierigen Bedingungen begegnete B-Human erfolgreich u. a. mit innovativen Methoden des Deep Learning.

Nachdem in den vergangenen Jahren bereits die Ballerkennung von einem neuronalen Netz unterstützt wurde, kam diesmal ein sogenanntes „Convolutional Neural Network“ für die Robotererkennung zum Einsatz. Dieses ermittelt aus einem vom Roboter aufgenommenen Kamerabild die Positionen sowie die Entfernungen aller darin enthaltenen Naos. Dabei punktet es nicht nur mit einer hohen Erkennungsrate, sondern auch mit einer enorm hohen Ausführungsgeschwindigkeit: Für die Analyse eines vom Roboter aufgenommen Bildes braucht es nur wenige Millisekunden. Die wissenschaftlichen Arbeiten hierzu stellte das Bremer Team auch beim an die Weltmeisterschaft anschließenden RoboCup-Symposium vor.

Mit „B & B“ auch bei Mixed-Teams ganz vorne

Neben den eigentlichen Wettbewerbsspielen trat B-Human u. a. im Mixed-Team-Wettbewerb an. Hierbei schließen sich jeweils zwei Mannschaften zusammen, um sich mit anderen gemischten Teams in einem kleinen Turnier zu messen. Gemeinsam mit Berlin United von der Humboldt-Universität zu Berlin bildeten die Bremer in Sydney das Team „B & B“, mit dem sie mühelos das Finale erreichten.

Über B-Human

Neben den eigentlichen Wettbewerbsspielen trat B-Human u. a. im Mixed-Team-Wettbewerb an. Hierbei schließen sich jeweils zwei Mannschaften zusammen, um sich mit anderen gemischten Teams in einem kleinen Turnier zu messen. Gemeinsam mit Berlin United von der Humboldt-Universität zu Berlin bildeten die Bremer in Sydney das Team „B & B“, mit dem sie mühelos das Finale erreichten.

Auch sie trafen hier auf die Leipziger Naos, die zusammen mit den Bembelbots der Goethe-Universität Frankfurt am Main als „Team Team“ antraten. Die beiden ähnlich starken Teams schenkten einander nichts, und so endete das ausgeglichene Spiel mit einem 0:0. Auch das anschließende Elfmeterschießen brachte erst in der Verlängerung die Entscheidung: B & B traf den entscheidenden „Elfer“, konnte den anschließenden Schuss von Team Team halten und so am Ende triumphieren.

Low Cost Robotics – auch für die Industrie

Studentische Projekte wie B-Human unterstützt die Igus GmbH, eine weltweit aktive Herstellerin von Energiekettensystemen und Polymer-Gleitlagern, im Rahmen ihres „young engineers supports“. Mit der Initiative möchte das familiengeführte Unternehmen mit Sitz in Köln, das weltweit 4.150 Menschen beschäftigt, junge Schüler, Studenten und Tüftler bei der Entwicklung und Ausführung ihrer technischen Projekte unterstützen. Das Unternehmen entwickelt und stellt selbst Roboter für die Industrie her, z. B. Delta-und Gelenkarmroboter für den Mittelstand.


Hartmut Rehmsen

hat sich als Fachjournalist auf den IT-Einsatz in Unternehmen spezialisiert.

Bildnachweise:

B-Human, Isgus, DFKI